Ziel des Projektes ist die konzeptuelle Ausarbeitung eines kulturtechnischen Schriftkonzeptes, das sich vom herkömmlichen, auf die Transkribierung mündlicher Sprache bezogenen Schriftbegriff unterscheidet, also lautsprachenneutral angelegt ist. "Schlagwortartig": Es geht um die "Schrift jenseits der Sprache". Im vergangenen Forschungszeitraum (seit 1.3.2001) wurde dazu die Schrift in der Perspektive ihrer Schriftbildlichkeit, der "notationalen Ikonizität" profiliert. Zwei Akzentverschiebungen sind damit verbunden: (1) Die ikonische Dimension ist um eine operative Dimension zu ergänzen: Im "Raum der Schrift" arbeiten Auge und Hand (resp. Maschine) zusammen. (2) Daher genügt es auch nicht, Schrift lediglich als ein symbolisches System, als bloßes Notationssystem zu behandeln. Schrift ist vielmehr Symbolsystem und Technik zugleich. Eine "kulturtechnische Perspektive" einzunehmen, heißt also, die Schrift als ein Phänomen zu untersuchen, bei dem Sprache und Bild, Auge und Hand, Symbol und Technik zusammenwirken. In der zweiten Projektphase (ab 2003) soll ein dreidimensionales Modell von Schrift weiter ausgearbeitet und an zwei Phänomenen, der "Bioschrift der Genetik" sowie der "Computerschrift" exemplarisch überprüft werden. Die drei Dimensionen sind: die aisthetische (Erscheinung, Gestalt), die operative (Replikation, Manipulierbarkeit, Mechanisierbarkeit) und die referentielle (Sinn und Bedeutung) Dimension. Auf der Folie dieses Modells gilt Schrift nicht länger als "aufgeschriebene Sprache". So wird es möglich, auch solche Phänomene wie die mathematischen, logischen, musikalischen Notationen und die Programmier"sprachen" als Schriften zu qualifizieren, zugleich aber auch die Frage aufzuwerfen, ob die "genetische Schrift" in mehr als nur einem metaphorischen Sinne als "Schrift" bezeichnet werden kann.