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Von der Kriminalistik über die Medizin bis zur Archäologie, vom Pfadfinden im Internet bis zum Aufspüren zellulärer Prozesse und den Visualisierungen der Nanowelt – Praktiken des Spurenlesens sind auch für moderne Verfahren der Wissensgenerierung von zentraler Bedeutung. Zwar sind solche modernen Wissensformen massiv in hochentwickelten (Kultur-)techniken verankert, doch ein genealogischer Blick auf Kulturtechniken führt deren Verfahren des regelhaften Operierens in semiotischen Ordnungen zurück auf Praktiken des Herauslesens, des probeweise Zusammensehens, Verwerfens und Neukonfigurierens, die im Begriff des Spurenlesens angezeigt sind. Spurenlesen kann daher als eine Protoform von Kulturtechniken angesehen werden - dies ist die grundlegende These, die wir zur Diskussion stellen wollen. Die andere Seite dieser These ist die Annahme, dass auch im entwickelten, routinierten Umgang mit Zeichen diese ‘Vorgeschichte‘ nicht restlos getilgt ist; dass also eine Spur des Spurenlesens auch die modernen Kulturtechniken durchzieht.
Da die Spur ebenso physisches Ereignis wie 'er-lesenes' Zeichen ist, bildet die Praxis des Spurenlesens ein Scharnier zwischen Kausalität und Konvention, zwischen Rekonstruktion und Innovation. Im Anschluss an die lange Geschichte des Begriffs der Spur in der Metaphysik und seiner Transformation im Indizienparadigma fragt die Tagung in kulturtechnischer Perspektive nach den genealogischen Grundlagen, dem epistemischen Potential und der phänomenalen Struktur des Spurenlesens.



Tagung des Forschungsprojektes
Spurenlesen

(Leitung Prof. Dr. Sybille Krämer) im Rahmen der interdisziplinären Forschergruppe Bild-Schrift-Zahl am Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik (Humboldt-Universität zu Berlin und Freie Universität Berlin)

Zeit:
10.02. bis 12.02. 2005
Ort:
Humboldt-Universität
zu Berlin