Obwohl moderne Bildtechniken, wie die Elektronenmikroskopie, längst die
Bereiche des sichtbaren Lichtes und somit die Dimensionen des
menschlichen Auges verlassen haben, liefern sie oft klassisch
perspektivische Visionen des Mikrokosmos. Die Perspektive, der
Schattenwurf oder die Farbsemantik der visuellen Kultur leben in
modernsten Bildtechnologien weiter. Entgegen einem Mythos der
Technikgeschichte, der suggeriert, dass neue Apparate immer besser und
weiter zu sehen geben, haben diese jedoch kaum noch etwas mit der Physik
des Sehens zu tun. Vielmehr sind auch diese Apparaturen, genau wie ihre
historischen Vorläufer, eingebunden in ein dichtes Gefüge aus
Sehgewohnheiten und technischen Möglichkeiten. Die Bilder visueller
Instrumente stellen zudem mehr dar als den ‚bloßen Gegenstand‘. Prägend
für diese Bilder sind auch die Spuren des bildgebenden Apparates, die
Werkzeuge der Präparation, technische und nicht zuletzt wirtschaftliche
Utopien.
Bilder als Element einer Technik zu begreifen, bedeutet also nicht, sie
auf den bloßen Effekt einer spezifischen Technik zu reduzieren. Als Part
von Maschinen, Apparaturen oder Instrumenten können sie – gemäß der
zweiten Wortbedeutung von ›Technik‹ – als Felder von Handlungen und
Fertigkeiten angesehen werden, in denen die visuelle Beschreibung
gleichbedeutend mit Zurichtung ist. Der Band »Instrumente des Sehens« widmet sich der Frage, inwieweit Wahrnehmung auch Bearbeitung meint und
inwieweit Wahrnehmungstheorien demzufolge auch Handlungsregeln
implizieren.
Reihenherausgeber: Horst Bredekamp und Gabriele Werner.
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