Eröffnung: 15. September 2017, 19 Uhr
Laufzeit: 16. September 2017 – 31. März 2018
Mehr
als Originale – Ein Forschungsprojekt und eine Ausstellung widmen sich
der weltweiten Verbreitung von archäologischen Repliken und deren
vielfältigen Objektgeschichten.
Warum residieren
Schlangengöttinnen in Berlin, Oxford, Cambridge, Heidelberg und Paris?
Wie kommt der Thron von König Minos an den Internationalen
Strafgerichtshof in Den Haag und welche Rolle spielt er in der
legendären Science-Fiction-Serie „Dr. Who“? Und wann wurde der
Nestorbecher zuletzt auf der Kinoleinwand gesehen?
Die Ausstellung REPLIKEN WISSEN – Eine Archäologie vervielfältigter Vergangenheit
im Tieranatomischen Theater folgt den Spuren solcher Kopien
archäologischer Funde. Sie führen in die Sammlungen von Museen und
Universitäten, in Justiz-Paläste, Luxusdampfer, Actionfilme und in die
zeitgenössische Kunst. Ihre mannigfaltige Deutung und Verwendung heute
und in der Vergangenheit zeigen, dass die Geschichte fortlaufend
konstruiert wird; zwischen bruchstückhaftem Original und
(Re-)konstruktion, zwischen Wahrheit und Mythos.
REPLIKEN WISSEN
präsentiert Kopien von Objekten, die auf die minoisch-mykenische
Archäologie, also die Forschung zu bronzezeitlichen Kulturen im
Mittelmeer-Raum zurückgehen. Besucher_innen können sich auf eine Reise
durch vielfältig mögliche Vergangenheiten begeben. Unterschiedliche
Kopien desselben Originals lassen die Geschichte als Kaleidoskop
erscheinen. Repliken transportieren Wissen selbstständig. Sie verkörpern
nicht nur stellvertretend ein „Original“, sondern können seine
Bedeutung und selbst seine Wiederherstellung und Gestaltung
beeinflussen. Die Repliken der berühmten Schlangengöttinnen Kretas
zeigen dies Potential: Die Bruchstücke dieser Statuen aus dem 15.
Jahrhundert v. Chr. wurden von Männern entdeckt und von einem männlichen
Standpunkt aus rekonstruiert – ihre Geschlechtsmerkmale wurden
höchstwahrscheinlich übersteigert. Die Repliken dieser Frauenfiguren
wurden allerdings zur Verkörperung feministischer Vorbilder in der Kunst
des 20. Jahrhunderts. Sie tauchen zum Beispiel in den Werken der
Künstlerinnen Marina Abramovic und Judy Chicago auf.
In
installativen, neuen und klassischen Präsentationsformen werden antike
Mythen, wissenschaftliche Fakten und populäres Wissen miteinander ins
Spiel gebracht. Wie entstanden unterschiedliche Ausformungen und Motive
desselben Fundstücks? Welche Geschichten, Beweggründe und Entscheidungen
stecken dahinter? Und welche Prozesse lassen bestimmte Objekte zu
Ikonen aufsteigen, die Wissenschaft, Kunst und Popkultur inspirieren?
Die Ausstellung lässt verschiedene Akteure der Archäologie, Geschichte
und (Re-)Produktion von Repliken in Dialog treten. In einem „Replica
Maker Space“ werden Techniken, Materialien und Herstellungskontexte von
archäologischen Repliken plastisch und greifbar und offenbaren so Wissen
um die Möglichkeiten vergangenen Lebens und aktueller Verwendung. Für
eine experimentelle Zusammenarbeit konnte der Illustrator Jan Stöwe
gewonnen werden. Als großformatige Rauminstallation hat er die
Geschichte einer prominenten Replik gestaltet; die 1913 am
Internationalen Strafgerichtshof installierte Thronreplik von König
Minos offenbart Geschichtsinterpretationen zwischen antiken Mythen und
politischen Winkelzügen.
Zur Ausstellungseröffnung wird die
Archäologin Jerolyn E. Morrison eine bronzezeitliche „Koch-Performance“
in Repliken minoischen Geschirrs durchführen.
Öffnungszeiten: Dienstag – Samstag, 14 bis 18 Uhr
Eintritt frei
Pressekontakt
Luise Wolf
E-Mail: luise.wolf@hu-berlin.de
Tieranatomisches Theater der Humboldt-Universität zu Berlin
Campus Nord, Philippstr. 12/13, Haus 3, 10115 Berlin
Telefon: 030 / 2093 466 25
E-Mail: tat.hzk@hu-berlin.de
Die
Ausstellung wurde im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts
am Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik und im Basisprojekt
„Mobile Objekte” des Exzellenzclusters »Bild Wissen Gestaltung« in
Kooperation mit dem Winckelmann-Institut für Klassische Archäologie an
der Humboldt-Universität entwickelt. Das Projekt wird gefördert im
Programm „Fellowship Internationales Museum“ der Kulturstiftung des
Bundes. Die griechisch-britische Archäologin Dr. Anna
Simandiraki-Grimshaw (Kuratorin) konnte im Rahmen des Fellowships als
Post-Doc-Wissenschaftlerin für 18 Monate an der Humboldt-Universität
forschen und hat die Ausstellung gemeinsam mit Felix Sattler (Idee,
Kurator & künstlerische Leitung), Konrad Angermüller (Gestaltung)
und dem Team des Tieranatomischen Theaters konzipiert und realisiert.
Zum
Abschluss der Ausstellung erscheint eine umfangreiche Publikation im K.
Verlag, herausgegeben von Anna Simandiraki-Grimshaw, Felix Sattler und
Konrad Angermüller.
Gefördert im Programm „Fellowship
Internationales Museum” der Kulturstiftung des Bundes; vom
Exzellenzcluster »Bild Wissen Gestaltung« der Humboldt-Universität zu
Berlin und von der Bild-Kunst.
Tieranatomisches Theater – Raum für forschende Ausstellungspraxis
des
Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik, in Kooperation mit
dem Exzellenzcluster „Bild Wissen Gestaltung“ an der
Humboldt-Universität.
Gefördert durch
Gefördert im Programm „Fellowship Internationales Museum” der Kulturstiftung des Bundes
Exzellenzcluster »Bild Wissen Gestaltung«
Bild-Kunst