Kammeroper – 30. Juni, 1. und 8. Juli, jeweils um 20:30 Uhr
Zusatzvorstellung: 13. Juli um 20:30 Uhr
Auf
einmalige Weise wird ein historisches Experiment des
Universalgelehrten Hermann von Helmholtz (1821 – 1894) zum
Mittelpunkt einer Kammeroper in drei Akten. Der Komponist und
Künstler Jan-Peter
E.R. Sonntag hat
SINUS
2015 eigens für die spektakuläre Architektur des Tieranatomischen
Theaters der Humboldt-Universität entworfen und führt die
dreistündige Performance im Rahmen der laufenden Ausstellung SYNTH
nun erneut auf. SINUS verwandelt Rotunde, Bibliothek und Hörsaal des
Tieranatomischen Theaters an drei Abenden auf fantastische Weise in
einen großen Klangkörper.
Auf der Grundlage historischer Apparate
entwickelten Sonntag und sein Team neue elektroakustische
Instrumente, die in SINUS erklingen. SINUS, der obertonlose, einfache
Ton nach Hermann von Helmholtz stand Mitte des 19.
Jahrhunderts im Zentrum eines wissenschaftlichen Experiments, aus dem
ein erster elektroakustischer „Synthesizer“ mit mechanisch
angeregten Stimmgabeln hervorging. Dieser Helmholtz’sche „Apparat
zur künstlichen Zusammensetzung von Vocalklängen“ – das
poetische Kontinuum der Oper – wies bereits in den 1850er Jahren
die Prinzipien der additiven Synthese auf, nach der bis heute u. a.
die Klangsynthese in Mobiltelefonen funktioniert. Für Sonntag ist
die Tonlehre Helmholtz’ nicht nur ein Versuch eine physiologische
Grundlage der Musik zu schaffen, sondern schafft zugleich die
geistigen und technischen Grundlagen der Ästhetik der Neuen und
experimentellen Musik des 20. und 21. Jahrhunderts.
Raum, Klang, Technik und Körper sind für Jan-Peter E.R. Sonntag untrennbar miteinander verbunden und werden Teil seiner Komposition. Geprägt von der amerikanischen und deutschen Nachkriegsavantgarde komponiert und installiert er ästhetische Welten, die oft eine Zeitdehnung, einen Zustand der kontemplativen Aufmerksamkeit, erzeugen können.
SINUS – Redux 2017
In drei Akten und drei Räumen führt die Kammeroper Besucher durch unterschiedliche ästhetische Welten des Klangerlebens und seiner historischen, technischen und physiologischen Wurzeln: Labore eigentümlicher Instrumente, ein historisches Studier- und Musikzimmer, in die Nebel-Klangwelten des Naturwissenschaftlers John Tyndall, ins (Ver-)Rauschen.
1. Akt – Dystopia Zuerst betritt man die Rotunde, den ehemaligen Präparationssaal der früheren Tierarzneischule in diesem Haus. Eine großformatige Video- und Audioinstallation zeigt die Entstehung eines gewaltigen Horns, das im dritten Akt im Auditorium zu hören sein wird. Langsam bewegt sich eine Sinus-förmige Druckwelle durch den Raum, um das Publikum und große Trommeln in Resonanz zu versetzen. In den Räumen darum versammeln sich Zeichnungen und Fotografien, historischen Objekte, Instrumente und Apparate, und der Gesang einer Muse zieht durch den Raum. Hier beginnen sich Motive und Bezüge zwischen den Dingen und Bildern der Installation zu entspinnen – tausend Plateaus.
2. Akt – Helmholtz-Salon Der zweite Akt führt das Publikum in ein historisches Studier- und Musikzimmer, ein biedermeierliches Laboratorium. Zwischen Forschungsobjekten und Instrumenten können Besucher hier Hermann von Helmholtz‘ berühmten Bürgervorträgen lauschen – ein klingender Denkraum.
3. Akt – RAUSCHEN Der dritte Akt führt in das Auditorium des Theaters. Durch den dichten Nebel dringen Tubaklänge. Der Naturwissenschaftler John Tyndall untersuchte im 19. Jahrhundert die Auswirkung des Nebels auf die Klänge und die Architektur: Blätterrauschen, das Wagnersche Treibhaus, endlos steigende Spiralwinde … Sonntag realisiert heute diese historischen Experimente und macht sie hörbar und greifbar – die räumliche Wahrnehmung verrauscht. Und aus dem weißen Rauschen schälen sich die feinen, einfachen Töne des ersten elektroakustischen Synthesizers – SINUS.
Eine Kammeroper in 3 Akten / 3 Räumen / 3 Klangarchitekturen des Tieranantomischen Theaters für 3 Basstrommeln, 3 digital simulierte Stimmen, 2 Stimmen, 3 Harmonien, Phonographen, elektrisch angeregten Kontrabass, Bassposaune, Mikrotonale Tuba, Gitarre, Geige, Klavierboden, Elektronik / Computer / Interfaces, 2 Akteure, 2 Musen, 8 Hornsysteme, 1 Infraschall-Transmission-line-System, HD-Videoprojektion, Nebel und Licht um eine apparative Neuinterpretation von Hermann von Helmholtz „Apparat zur künstlichen Zusammensetzung von Vocalklängen“ – einem ersten elektroakustischen Synthesizer aus den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts.
Weitere Informationen zu SINUS: www.sonntag-sinus.net
Eintritt
EUR 20,- / 10,- EUR (ermäßigt), zzgl. VVK-Gebühr via Eventbrite, Ticket-Verkauf an der Abendkasse, Reservierungen per E-Mail oder telefonisch, Jan-Peter E.R. Sonntag SYNTH – Eintritt frei (Di. – Sa., 14 – 18 Uhr).
Führungen mit dem Künstler jeden Sa. um 16 Uhr (auf Anfrage).Akteure & Mitwirkende
Jowita Figwer (Tänzerin); Lars Gühlcke (Experimentator/Musiker); Jan-Peter E.R. Sonntag (Experimentator/Musiker)
Feuerwehrmann: Sebastian Döring // Musik-Einspielung: Robin Hayward (Mikrotonale-Tuba, Geräusch-Tuba); Ekkhard Windrich (Violine); Lars Gühlcke (Kontrabass, gestrichenes Vibraphon, Harmonium); Jan-Peter E.R. Sonntag (Tenor- und Bass-Posaune, gerade Posaune deutscher Bauart, Harmonium) // Sprecheraufnahmen: Thorsten Hierse (Sprecher); Ulrike Klein (Regie); Anna (Sprachcomputer); Petra (Sprachcomputer); Kate (Sprachcomputer); Aurelie (Sprachcomputer); Kyoko (Sprachcomputer) // Studio: Robbie Moore (Aufnahme-Studio); Studio Sonntag (Audio-Postproduktion); Jens Kupsch (Video-Postproduktion) // Team Sinus: Zascho Petkow (Holzbau); Eike Döring (Metallbau); Werner Jagusch (GFK+Weichenbau); Jens Bakenhus (Hardware-Entwickler); Uta Koloczek (Gipsarbeiten); Max Neu (Photo- und Video-Dokumentation); Craig Barrow (Digitales 3D-Modell); Neuser (Pulverbeschichtung); Sebastian Döring (Brandsicherheitswache); Kerstin Lehmann (Kostüme); Lars Gühlcke (Produktionsleitung), Sebastian Pelz & Anton von Heiseler (Produktionsassistenz)
Eine Koproduktion von Jan-Peter E.R. Sonntag und Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik an der Humboldt-Universität zu Berlin. Gefördert durch den Hauptstadtkulturfonds. Produktionsleitung: Lars Gühlcke, Kurator: Felix Sattler