Die Ausstellung Unsere Tiere zeigt, wie Menschen Tiere wahrnehmen, mit Ihnen umgehen, sie halten und ihre Eigenschaften nutzbar zu machen versuchen. 16 künstlerisch-wissenschaftliche Positionen zeigen die Vielfalt der Mensch-Tier-Beziehungen, die im Museum oder Zoo üblicherweise keine Rolle spielen. Alltägliches und Einmaliges, Vertrautes und Exotisches findet sich dort gemeinsam wieder. Das Tier als Nahrungsmittel erscheint als mit handelsüblichen Hähnchen gefüllte Tiefkühltruhe, während die Robotertiere (Das Tier als Modell) aus dem Labor der Festo AG Prototypen zukünftiger Technologien sind.
Der ausgestopfte Große Panda Tjen Tjen aus der Sammlung des Berliner Stadtmuseums ist ein Highlight der Ausstellung und ein wahrhaft politisches Tier. Im Zuge der »Panda-Diplomatie« kam Tjen Tjen als Geschenk der Volksrepublik China 1980 an die BRD in den damals West-Berliner Zoo – und damit nicht ins Westdeutsche Staatsgebiet. Überhaupt zeichnet sich die Ausstellung durch interkulturelle Sichtweisen aus. Ebenfalls aus China stammt die Arbeit von Gong Zhang, der eine kuriose wie beeindruckende Sammlung von traditionellen Behausungen für singende Insekten zeigt und westlichen Ausstellungsbesuchern die Bedeutung des Tiers als Unterhalter für die chinesische Tee-Kultur entschlüsselt.
Die Installation »Al-Burak, das menschenköpfige Reittier des Propheten« des libanesischen Künstlers Said Baalbaki ist eine nach allen Regeln der Kunst, sprich: wissenschaftlich fundierte Rekonstruktion eines geflügelten, pferdeähnlichen Tieres auf der Grundlage eines fiktiven Knochenfundes in Jerusalem – und sie enthält das derzeit wohl einzige Skelett eines mythischen Tiers in einem Berliner Ausstellungshaus. Historisch ist auch das rekonstruierte Tier des Berliner Künstlers Uli Westphal. Er hat dafür mittelalterliche Zeichnungen von Elefanten gesammelt und einen zoologischen Stammbaum europäischer Vorstellungen des fremden Säugetiers kartiert, in dem Sagen und Mythen mit anatomischem Wissen über heimische Tiere verschmelzen: An die Stelle von zoologischem Wissen trat die mehr oder weniger phantasiereiche zoologische Interpretation kultureller Überlieferung.
Die Ausstellung wird wissenschaftlich gerahmt durch einen sorgfältig ausgewählten Ausschnitt aus den umfangreichen Beständen des Museum für Haustierkunde »Julius Kühn« der Universität Halle-Wittenberg, die am Beispiel der Lehrsammlung zum Schwein die Domestikation des Wildschweins zum Hausschwein zur Anschauung bringt. Kreuzung und Optimierung des Tieres werden beschrieben und mit einem zooarchäologischen Rätsel fordert Das Tier als Puzzle das Wissen der Besucher heraus.
Weitere einmalige Exponate erwarten die Besucher in den Kapiteln: Das Tier als Parasit – Das Flohmuseum, Das Versuchstier – Kassina erecta, Das Tier als Beobachter – Raben, Mein Tier – Hund, Katze, Meerschweinchen, Maus und weitere, Das ausgerottete Tier – Wandertaube, Das Tier als Leistungsträger – Ausgezeichnete Tiere, Das wilde Tier – Im Käfig, Das Tier als Marke – Puma, Das Große Tier – Wale und Das Tier in mir.
Unsere Tiere ist als ungewöhnliche Koproduktion zwischen drei Universitäten und drei unterschiedlichen Disziplinen entstanden. Auf Initiative des projektleitenden Kurators Prof. Dr. Michael Fehr haben sich das Tieranatomische Theater (Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin, TAT), das Museum für Haustierkunde »Julius Kühn« (Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, ZNS) und das Institut für Kunst im Kontext (Fakultät Bildende Kunst, Universität der Künste Berlin, IfKiK) zusammengetan.
Den Katalog zur Ausstellung als PDF zum Download finden Sie hier.
Mit Beiträgen von:
Said Baalbaki, Cecile Bouchier, An-Chi Cheng, Milton Friedberg, Gudrun Herrbold, Anne Hölck, Elisabeth Kaufmann, Anne Kunz-Hiepler, Felix Sattler, Hristina Vancheva, Uli Westphal, Shuang Wu, Gong Zhang
Kuratorenteam:
Prof. Dr. Michael Fehr, Direktor Institut Kunst im Kontext, Universität der Künste Berlin (Konzept, Leitung)
Dr. Frank Steinheimer, Leiter Zentralmagazin Naturwissenschaftlicher Sammlungen (ZNS) der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Dr. Renate Schafberg, Kustodin Museum für Haustierkunde, ZNS der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Felix Sattler, Kurator Tieranatomisches Theater, Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin