Gibt es ein Gespür? Ist der Begriff keine Erfindung, bloß kulturelle Konvention, verwaschene Rede von phantasmagorischer Innerlichkeitswut? Wer ein gutes Gespür hat, den schätzen wir; ertragen wir aber auch, wenn jemand gar kein Gespür hat? Ein Gespür zu besitzen, das meint eine Fähigkeit, die kaum ordentlich zu lernen, sondern situativ zu erwerben ist, im Lebensvollzug. Es kann dazu befähigen, richtig und angemessen zu handeln – oder eben falsch und unangemessen. Es gibt ein solches Gespür und dennoch kann ich ganz falsch liegen. Leben Menschen ohne Gespür schlechter, sind sie gescheiterte Existenzen?
Dieser Band erkundet die verstreute Kulturgeschichte
des Gespürs und der Suche danach als eine Forschungszeitreise zu Samuel
Pepys, Honoré de Balzac, Thomas Lehnerer, Wolfgang Hogrebe, Mario
Perniola, Meike Lobo, Einar Schleef, Rainald Goetz, Andreas Neumeister,
Paul Nizon, Peter Handke, Ulrich Pothast, Michel Serres, Jean-Luc
Nancy, Joseph Vogl, Eugene T. Gendlin, Thomas Palzer, Frank Zappa,
Jacques Attali, Jim Jarmusch, PJ Harvey, Klaus Theweleit, Antonio
Damásio, Joseph Bauer, Erich Wolfgang Skwara und David Bowie.
Kritische Begleiterin dieser Studie ist eine Forscherin (dokumentiert
von Guðný Guðmundsdóttir), die im Laufe des Bandes
verschiedene Apparaturen der Sinne probeweise anlegt: eine
Selbstversuchsserie in Sachen Gespür.