Lugar
Tieranatomisches Theater der Humboldt-Universität zu Berlin
Philippstr. 12/13, Haus 3, 10115 Berlin

Ein sechs Meter langer Bandwurm … ein silbernes Armband … Blattskelette … ein ‚explodierter‘ Schädel … eine Löwenzahnforschungsstation … Tiefseegeschöpfe

Diese und weitere ungewöhnliche Dinge sind in einer neuen Sonderausstellung zu sehen, die unter dem Titel ON THE EDGE einen faszinierenden Einblick in die wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität zu Berlin bietet – betrachtet durch die Augen von sieben Künstlern aus Deutschland und Großbritannien: Annie Cattrell, Simon Faithfull, Agnes Meyer-Brandis, Lucy Powell, Andrea Roe, Nicole Schuck und Wolf von Kries.

Die Künstler erhielten uneingeschränkten Zugang zu den Sammlungen, um neue Werke zu schaffen und diese mit den vorgefundenen Objekten in frappierende Beziehungen zu setzen. Die Sammlungsobjekte selbst stammen aus so unterschiedlichen Fachgebieten wie Zoologie, Biologie, Medienwissenschaft, Mathematik, Kartografie, Dendrologie, Anatomie, Geologie und Kristallografie. In ihren jeweiligen Disziplinen haben sie unterschiedliche Bedeutungen und spielen oft ganz verschiedene Rollen. Einige kommen in Lehre und Forschung zum Einsatz, andere haben ihre ursprüngliche Funktion und Zweckbestimmung inzwischen verloren, einen Bedeutungswandel erlebt oder historischen Wert erlangt. Allen diesen Objekten ist jedoch gemein, dass sie in Übergangszonen changieren: aufgeladen einerseits mit stimulierendem Inspirationspotential und mit der Geschichte ihres wissenschaftlichen Gebrauchs, zugleich offen für neue Deutungen und vor einer ungewissen Zukunft. Damit befinden sie sich letztlich ON THE EDGE.

Mit ihrer Installation einer Baum-, Pflanzen- und Löwenzahnforschungsstation erkundet Agnes Meyer-Brandis das gemeinsame Terrain von klimabezogenen Forschungsansätzen, Datensammlungen und Grenzziehungen zwischen Arten und Kategorien. Auf hintergründige Weise wendet sich Simon Faithfull den Bäumen und Pflanzen, die in der Lebendsammlung des Späth-Arboretums der Humboldt-Universität zu Berlin gezogen werden, zu. Seine auf Glas gefertigten Zeichnungen treten in Widerhall mit Fotonegativen und Blattskeletten des Instituts. Zeichnen ist auch das Medium von Nicole Schuck. In ihren Arbeiten auf Papier ergründet sie anhand von geologischen und geographischen Darstellungen und Tiefseegeschöpfen unbestimmter Struktur und Herkunft, wie und in welcher Form Wissen visuell festgehalten und vermittelt werden kann. Annie Cattrell konzentriert sich in ihrem Dialog mit anatomischen Objekten vom Menschen auf das Studium von Form und Struktur der Organismen und ihrer spezifischen Merkmale. Intimität und Interaktion zwischen menschlicher Anatomie, Parasiten und Kühe sind Gegenstand der Skulpturen und Zeichnungen von Andrea Roe.

Wolf von Kries und Lucy Powell zeigen jeweils Filme, in welchen sie sich mit je unterschiedlichen Sammlungen auseinandersetzen. Im Werk von Wolf von Kries geht es um die stummen Räume, in welchen Sammlungsdinge lagern und die dadurch ihre besondere Bedeutung erlangen. Lucy Powells großformatige Arbeit mit ihrer zeitlich länger angelegten Filmstrecke nimmt das Materielle der Objekte als Metapher für die Liebe zur Erkenntnis in den Blick.

Während der Laufzeit der Ausstellung bietet ein Symposium die Möglichkeit, die Inhalte der Präsentation vertiefend zu diskutieren und in einem größeren Kontext zu verorten. Neben den sich verändernden Bedingungen der universitären Sammlungspraxis soll die Rolle der Sammlungskustoden, die Verschränkung von Wissensgenese und Ästhetik und den Beitrag, den die Künste in dieser Debatte leisten können, gemeinsam erörtert werden.

Das Projekt ist eine Kooperation zwischen Satellite Salon und den Sammlungen sowie dem Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Universität zu Berlin. Die Schering Stiftung Berlin unterstützt das Projekt großzügig. Weitere Förderung erfährt es durch die Rudolf Augstein-Stiftung, den British Council, das Edinburgh College of Art, die De Montfort University Leicester und den Exzellenzcluster »Bild Wissen Gestaltung. Ein Interdisziplinäres Labor« der Humboldt-Universität. Herzlicher Dank gilt außerdem dem Zentrum für Anatomie der Charité Berlin, dem Museum für Naturkunde Berlin und dem Berliner Medizinhistorischen Museum der Charité, die als Leihgeber und Unterstützer zur Verfügung standen.

Sara Barnes, Kuratorin ON THE EDGE

in Zusammenarbeit mit
Felix Sattler, Kurator Tieranatomisches Theater
Jochen Hennig, Sammlungsbeauftragter der Humboldt-Universität

Im Rahmen der Ausstellung wird ein Symposium an folgenden Terminen im Tieranatomischen Theater stattfinden:

  • 17. Juni, 17.00 – 19.00 Uhr
  • 18. Juni, 09.30 – 16.00 Uhr


Förderer:

Berliner Medizinhistorisches Museum der Charité
British Council
Bild Wissen Gestaltung
De Montfortz University Leicester
The University of Edinburgh - Edingurgh College of Art
Rudolf Augstein Stiftung
Satellite Salon
Schering Stiftung
Tieranatomisches Theater Hermann von Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik