Horst L. Störmer, geboren 1949, erwarb nach einem Studium der Physik in seiner Geburtsstadt Frankfurt/Main 1977 die Doktorwürde an der Universität Stuttgart. Anschließend arbeitete er als Postdoc in den Bell Laboratories in Murray Hill, New Jersey, denen er bis heute treu geblieben ist. Als Forschungslabore des Telekommunikationskonzerns Lucent Technologie haben die Bell Labs seit ihrer Gründung 25.000 Patente und elf Nobelpreisträger hervorgebracht. 1998 reihte sich unter ihnen auch Horst L. Störmer ein: Für seine Erkenntnisse über das Verhalten von Quanten in Festkörpern erhielt er zusammen mit D. C. Tsui und R. B. Laughlin die begehrte Auszeichnung der Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Im selben Jahr folgte Störmer einem Ruf an die renommierte Columbia University, New York, wo er im Rahmen seines Spezialgebiets der Festkörperphysik vor allem über Halbleiter forscht. Während seines Vortrags in Berlin wird er allerdings über ein anderes physikalisches Phänomen sprechen – und zwar kenntnisreich wie kaum ein zweiter, weil er es selbst entdeckt hat: den »fraktionierten Quanten-Hall-Effekt«, für dessen Beschreibung er 1984 mit dem Oliver-E.-Buckley-Preis geehrt wurde:
»Dinge bestehen aus kleineren Dingen. Diese Beobachtung bestätigt sich
nicht nur im täglichen Leben, sondern auch in der Physik. Gegenstände
bestehen aus Molekülen, die aus Atomen bestehen, die aus Elektronen und
Nukleonen bestehen, die aus… Trotzdem sind die Eigenschaften eines
Gegenstandes nicht unbedingt von den Eigenschaften seiner
mikroskopischen Komponenten ableitbar: Die Kenntnis von Elektron und
Nukleon sagt uns wenig über die Supraleitung und noch weniger über
belebte Dinge. Dies veranlasste Anderson zu seiner Aussage: »Mehr ist
anders!«
Während der vergangenen zwei Jahrzehnte hat sich gezeigt, dass mehr sogar weniger sein kann. Eine Ansammlung von Teilchen kann neue Teilchen erzeugen, die »kleiner« sind als die Ausgangsteilchen. Eine derartige Fraktionalisierung kommt nirgendwo stärker zum Vorschein als im fraktionierten Quanten-Hall-Effekt. Dort erzeugt die korrelierte Bewegung von vielen Elektronen mit Ladung »e« neue »Elektronen« mit fraktionierter Ladung: 1/3e, 1/5e, 1/7e, usw., ohne dass sich die Elektronen spalten. Damit hängen seltsame Phänomene zusammen wie verschwindender und fraktioniert-quantisierter Widerstand, das scheinbare Verdrängen von enorm hohen Magnetfeldern durch Bildung von Komposit-Teilchen sowie deren mögliche Paarung und Kondensation.
Es ist noch unklar, ob die Fraktionalisierung von Teilchen in der Physik nicht noch weiter verbreitet ist und ob sie uns nicht künftig eine andere Perspektive ermöglicht: einen neuen Blick auf den Teil und das Ganze.
Ausgewählte Veröffentlichungen: