Künstlerische Rekonstruktion der Sprechmaschine, Universität für angewandte Kunst Wien
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Künstlerische Rekonstruktion der Sprechmaschine, Universität für angewandte Kunst Wien
Lugar
Foyer der Humboldt-Universität (Unter den Linden 6)

Von den vielen bescheidenen Spuren, die Wolfgang von Kempelen, Erfinder und Beamter am Hofe Maria Theresias und Josephs II., in der Geschichte hinterlassen hat, sind seine Sprechmaschine und sein schachspielender Androide die deutlichsten geblieben.

1769 präsentierte Kempelen einen mechanischen Schachspieler in orientalischem Kostüm. Der „Schachtürke“ entwickelte sich zu einer der großen, zugleich aber sehr umstrittenen Techniksensationen des 18. Jahrhunderts und verhalf Kempelen noch zu Lebzeiten zu ambivalenter Prominenz. Nur scheinbar hatte ein Automat von der Ratio Besitz ergriffen, denn im Inneren der Apparatur verbarg sich ein Mensch. Die Geschichte der Bewahrung und Aufdeckung des Geheimnisses und vom Agieren des Menschen in der Maschine wird wieder und wieder erzählt: Von der Romantik bis zu Walter Benjamin, von Alan Turing bis zum Wettkampf von Garri Kasparov gegen den Schachcomputer Deep Blue.

Kempelens Sprechmaschine hingegen folgte aufklärerischen Ideen und sollte Gehörlosen eine vernehmbare Stimme verleihen. Dabei war Kempelen, wie später Charles Wheatstone oder Alexander Bell, davon überzeugt, dass sich die Konstruktion sprechender Maschinen am Vorbild des menschlichen Artikulationsapparats zu orientieren hätte. Kempelens 1791 erschienene Schrift über den Mechanismus der menschlichen Sprache zählt zu den Anfängen der Experimentalphonetik.

Die Ausstellung Speaking without lips, thinking without brain ist eine Hommage an Kempelens Experimente und deren wissenschaftliche und technische Fortsetzung in der Phonetik genauso wie in der Entwicklung von Schachcomputern. Deutlich wird, dass auch eine aktuelle Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte von den Strategien der Anschaulichkeit, wie sie im 18. Jahrhundert zur Anwendung kamen, nur profitieren kann.

Die Ausstellung ist ein Kooperationsprojekt der Universität für angewandte Kunst Wien, des Hermann von Helmholtz-Zentrums für Kulturtechnik (Die Wissenschaftliche Sammlung / Das Technische Bild) und der Bundeszentrale für politische Bildung.
Mit freundlicher Unterstützung der Emanuel Lasker Gesellschaft und der Firma ChessBase.

Konzept: Anita Hermannstädter, Jochen Hennig

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