Objekte der wissenschaftlichen Sammlung
Das Objekt des Monats Dezember 2004 wird präsentiert von:
Wissenschaftliche Sammlungen und Wissenschaftskommunikation,
Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin
Weihnachtslied auf Lettisch
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Schallplatte PK 126; 22. März 1916 (Aufnahmedatum); bez. auf Label (handschriftlich, mit Bleistift): "PK 126, Lettisch, [...]: 2 Lieder, 1. Kupleje, 2. Eglite, Gesang"; Schellack, Dm. 30 cm.
Humboldt-Universität zu Berlin, Musikwissenschaftliches Seminar, Lautarchiv,
Inv.-Nr. PK 126.
Lautarchiv
"Oh Tannenbaum" ist eines der verbreitesten deutschen Weihnachtslieder und geht zurück auf ein altes, schlesisches Volkslied aus dem 16. Jahrhundert. 1820 dichtete der Prediger, Päda-goge und Volksliedsammler August Zarnack die erste Strophe des Liedes. Vier Jahre später wurde sie durch den Leipziger Lehrer Ernst Anschütz durch zwei weitere Strophen ergänzt. Die hier vorliegende Aufnahme wurde 1916 unter dem Titel "Eglite" durch einen Internierten des Russischen Reichs in dem Lager Merseburg auf Lettisch angestimmt. Als Heimatregion gab der damals 29 Jahre alte Kaufmann und Soldat Kurland (Kurzeme) an, ein Gebiet, das im heutigen Lettland liegt. Erst 1795, durch die Dritte Polnische Teilung, geriet Kurland unter den Einfluss Russlands und genoss, ähnlich wie die anderen Ostseegouvernements, eine Sonderstellung. Sie gründete sich vor allem auf die überwiegend protestantische Konfession sowie eine deutsch-baltischen Oberschicht. So erklärt es sich, dass der Gefangene als Muttersprache Lettisch und als Fremdsprachenkenntnisse Russisch und etwas Deutsch angab. Die Schallaufzeichnung erfolgte durch die "Kgl. Preußische Phonographische Kommission", die während des Ersten Weltkriegs durch die Gefangenenlager Deutschlands zog, um Sprach- und Musikaufnahmen unter den Internierten durchzuführen. Alle Schellackplatten der Kommission weisen am Ende den mit einer Stimmpfeife eingespielten Kammerton auf, der zu der Zeit noch für A = 435 Hz betrug. Mittels dieses Tons kann vor dem Abspielen der Platte die exakte Aufnahmegeschwindigkeit rekonstruiert und die Geschwindigkeit des Plattentellers entsprechend eingestellt werden. Zwischen der dritten Strophe und dem Stimmton ist ein lautes Knacken zu hören. Die verwendete Aufzeichnungstechnik erlaubte keine durchgehende Rille, die für ein automatisches Weiterführen der Abtastnadel zwischen den einzelnen Aufnahmen einer Plattenseite sorgt.