Objekte der wissenschaftlichen Sammlung
Das Objekt des Monats Januar 2008 wird präsentiert von:
Wissenschaftliche Sammlungen und Wissenschaftskommunikation,
Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin
Memorialbildnis des Johann Nathanael Lieberkühn:
Belohnung der Tugend
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Georg Ferdinand Schmidt (Zeichner und Radierer) 1757.
Blatt 33 cm x 23,5 cm; Plattenrand 26,5 cm x 19,5 cm; Bild 24 cm x 18 cm
Porträtsammlung Berliner Hochschullehrer
Die Gesichtszüge Dr. med. Johann Nathanael Lieberkühns (1711-1756) sind uns auf dieser Radierung von Georg Ferdinand Schmidt als Memorialbildnis überliefert. Ein Bild im Bild, von der Tugend bekränzt und mit mancherlei Bezügen zu den Großen seiner Zunft, ist der Dargestellte als Arzt und Forscher zu erkennen. Der Hahn im Hintergrund, Verkünder des anbrechenden Tages, kräht Lieberkühns Ruhm hinaus in die Welt – oder ist es Fama, der Tratsch und die Anekdote? In seinem Fall wirkt letztere noch nach über 250 Jahren: Beinahe immer, wenn von Lieberkühn die Rede ist, kommt man an der amüsant-makaberen Geschichte nicht vorbei, nach der er als Leibarzt Friedrichs des Großen dessen Ekel durch Leichenteile in seinen Taschen erregt habe und daraufhin Amt und Freundschaft des Königs verloren habe. Fama will das Bild eines schrulligen, vergeistigten Wissenschaftlers im Gegensatz zum karrierebewussten und besitzorientierten Hofmedicus entstehen lassen. Das Porträtmedaillon zeigt aber einen elegant gekleideten jüngeren Mann mit kurzer Lockenperücke, einen, dem man eine Unbedachtsamkeit bei Hofe in Potsdam nicht so recht zutrauen mag.
Ganz im Vordergrund unten links sieht man das Instrument des fortschrittlichen Anatomen und Physiologen der Aufklärungszeit: ein Tubusmikroskop ohne sichtbaren Beleuchtungsspiegel, das auf einem Kästchen mit Schublade für Dauerpräparate montiert ist. Dahinter erkennt man die Andeutung eines weiteren Gegenstands, eine kurvig gerandete Scheibe, die mit Stellschrauben und Nadeln versehen ist. Man muss nicht lange rätseln, um den Gegenstand zu identifizieren. Die Anatomische Sammlung am Centrum für Anatomie der Charité besitzt ihn noch heute. Es handelt sich um das berühmt-berüchtigte Lieberkühnsche Froschbrett, eine Vorrichtung zur Lupenbeobachtung von Organvorgängen an lebenden (und natürlich damals nicht betäubten!) Versuchstieren.