Aktuell Projekte Konzept Dokumentation

Objekte der wissenschaftlichen Sammlung

Das Objekt des Monats Oktober 2012 wird präsentiert von:
Wissenschaftliche Sammlungen und Wissenschaftskommunikation,
Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin

Der Apollon vom Westgiebel des Zeustempels in Olympia

Apollon aus Olympia

In hoher Auflösung anzeigen (x Pixel, ca. 238 kB)

Figurengruppen vom Westflügel des Zeustempels mit dem Apollon im Zentrum, wie sie von 1919 bis 1950 im Hauptgebäude der Humboldt-Universität aufgestellt waren. Foto: Humboldt-Universität zu Berlin, Winckelmann-Institut
Sammlung des Winckelmann-Instituts

Abguss der Marmorskulptur im Museum von Olympia, 470-460 v. Chr., Abguss 1880/2000, Gips, 310 cm

Bis vor kurzem stand die gewaltige Figur des Apollon vom Westgiebel des Zeustempels in Olympia im östlichen Verteilerflur des Hauptgebäudes, unlängst zur Exzellenzinitiative aufgehübscht und des farbigen Hintergrunds beraubt. Nun steht er, wiedervereint mit den anderen Figurengruppen dieses Giebels, im Lichthof des Gropius-Baus – aus Anlass der neuen Ausstellung ‚Mythos Olympia’ (31.8.12 – 7.1.13). Als ‚spiritus rector’ beherrscht er das dargestellte mythische Geschehen: Ohne direkt einzugreifen stellt er mit klarer Geste die Ordnung des Zusammenwirkens von Natur und Mensch wieder her, die von den Kentauren, den Fabelwesen halb Mensch, halb Pferd, durcheinander gebracht worden war. Der Mythos spielt in Arkadien: Die Lapithen feiern die Hochzeit des Peirithoos mit Deidameia, die Kentauren als Bewohner des Waldes sind eingeladen. Alles verläuft gesittet, bis der reichlich ausgeschenkte Wein bei den Kentauren den humanen Anteil vernebelt. Sie werden triebhaft und rauben Knaben und Mädchen, darunter auch die Braut. Entsetzt schauen die Alten, links und rechts in den Giebelzwickeln gelagert, dem Schauspiel zu. Der ebenfalls geladene Held Theseus leitet dem Verteidigungskampf der Lapithen auf der rechten Giebelhälfte souverän, während Peirithoos auf der linken Seite eher verzweifelt versucht, seine Braut zurückzuholen. Insgesamt ist es dem unbekannten Künstler gelungen, die beiden Giebelseiten so zu gestalten, dass die Geste des Apollon einen Sinn bekommt: So sind auf der rechten Giebelseite eher die Lapithen im Vorteil, während auf der linken Seite diese arg in Bedrängnis geraten und die ordnenden Armbewegung des Gottes gut gebrauchen können. Die Giebelskulpturen wurden 1875/76 vom Deutschen Reich unter der Leitung von Ernst Curtius, Professor für Archäologie an dieser Universität, und Friedrich Adler ausgegraben; die sofort bei der Grabung angefertigten Abgüsse standen nach Zusammenfügung durch Georg Treu zunächst in der Dombauhütte, dann unter sehr beengten Verhältnissen im ‚Neuen Museum’ und schließlich in einem eigens für die beiden Giebel gebauten Saal im 2. Obergeschoss des Westflügels des Hauptgebäudes der Humboldt-Universität, der 1913-19 für die Berliner Abguss-Sammlung errichtet worden war. Vom Krieg verschont mussten die Gipse 1950 der Slawistik weichen, die prächtigen Mittelsäle und mit ihnen der Olympia-Saal wurden für die neue Nutzung umgebaut, wobei die originale Baustruktur aber erhalten blieb.

Mit der vor kurzem getroffenen Entscheidung, die Mensa im Westflügel des Hauptgebäudes zu belassen und zu erweitern1, wurden der Rückbau und damit die Wiedergewinnung einer neuen Aufstellung der Olympia-Abgüsse am Ort des alten Olympiasaals leider zunichte gemacht. Ob dennoch die Abgüsse der berühmten Olympia-Skulpturen im Hauptgebäude in ihrer aktuell wiedergewonnenen Zusammenführung aufgestellt werden können, ist nicht entschieden. Den Berlinern und unserer Universität wäre es zu wünschen.
Veit Stürmer

Literatur:
Veit Stürmer, Henning Wrede: Ein Museum im Wartestand. Die Abgußsammlung antiker Bildwerke. Berlin 1998

1 Eine solche Einrichtung braucht heutzutage gigantische Lüftungs- und Kühlaggregate, die nun den Luftraum der ehemaligen Sammlungsräume einnehmen.


Seitenanfang · Objektgalerie

Druckansicht dieser Seite Objektgalerie
Objekt des Monats
Galerie Objekte des Monats ?>
Kontakt Impressum Sitemap