Objekte der wissenschaftlichen Sammlung
Das Objekt des Monats November 2012 wird präsentiert von:
Wissenschaftliche Sammlungen und Wissenschaftskommunikation,
Helmholtz-Zentrum für Kulturtechnik, Humboldt-Universität zu Berlin
Teilkopie der Mosaikkarte aus Madaba in Jordanien
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Foto: Dunja Antic
Institute for Mosaic Art and Restoration, 2012 (Original: Mitte 6. Jahrhundert n. Chr.)
Stein und Putz auf Holzträgerplatte, 3m x 4m
Die älteste und größte kartographische Darstellung des Heiligen Landes auf der antiken Mosaikkarte aus der St. Georgskirche in Madaba durfte als Exponat in der Ausstellung „Jenseits des Horizonts“ nicht fehlen. Daher wurde eine Teilkopie des Mosaiks, die von dem Institute for Mosaic Art and Restoration im jordanischen Madaba hergestellt wurde, für die Humboldt-Universität erworben. Diese Kopie war vom 22. Juni bis zum 30. September 2012 im Pergamonmuseum zu sehen und wird künftig an einem repräsentativen Ort in der Humboldt-Universität ausgestellt.
Die Mosaikkopie besteht aus sechs Teilplatten mit einem Gesamtmaß von 3 x 4 m. Damit zeigt sie jedoch nur einen Ausschnitt, des im Original ursprünglich ca. 21 x 7 m großen Mosaiks, wovon heute noch rund 5 x 6 m erhalten sind.
Das Mosaik schmückte seit der Mitte des 6. Jahrhunderts n. Chr. den Boden einer frühbyzantinischen Kirche in Madaba und ist in Form einer Landkarte gestaltet, die ursprünglich das gesamte Heilige Land und die angrenzenden Gebiete wiedergibt. 1894 wurde es beim Neubau einer Kirche entdeckt. Der erhaltene Ausschnitt zeigt die Region beiderseits des Jordan und des Toten Meeres und reicht im Süden bis zum Sinai und dem Nildelta. Bemerkenswert sind der Detailreichtum und die Genauigkeit der Karte sowie ihre für moderne Betrachter ungewöhnliche Perspektive. Die Karte ist nicht genordet, sondern in einer Kombination aus Vogelschau und Klapp-Perspektive Richtung Osten angelegt, so dass der von Norden nach Süden fließende Jordan auf der Karte von links nach rechts verläuft. Zahlreiche geographische, topographische und biblische Details - wie Städte, Dörfer, Einzelbauten, Gewässer und Geländemarken - sind mit griechischen Inschriften versehen. Dabei zeigt sich, dass es in erster Linie die biblischen Stätten waren, die kartiert werden sollten. Dies gilt auch für die besonders groß und detailliert wiedergegebene Stadt Jerusalem mit Stadtmauer, Toren sowie Kirchenbauten und einer Säulenstraße.
Die einzigartige Mosaikkarte macht deutlich, dass Karten nicht einfach den geographischen Raum und das darüber verfügbare Wissen abbilden. Sie geben ganz spezifische Vorstellungen von Raum wieder, ordnen und interpretieren ihn, um selbst ganze Weltbilder und -vorstellungen umsetzen zu können. Die auf antike römische Bildtraditionen zurückgehende Madabakarte sollte eine religiöse Landschaft wiedergeben. So wird die Region um den Jordan mit ihren jüdisch-christlichen Bezügen visualisiert, um dem Besucher und Pilger das Heilige Land in der Kirche repräsentativ und monumental vor Augen zu führen.
Astrid Dostert
Begleitbuch zur Ausstellung:
Märtin, Ralf-Peter: Jenseits des Horizonts. Raum und Wissen in den Kulturen der Alten Welt. Herausgegeben vom Exzellenzcluster Topoi und den Staatlichen Museen zu Berlin. Theiss-Verlag: Stuttgart, 2012