Geschichte

Das Lautarchiv der Humboldt-Universität zu Berlin wurde am 1. April 1920 als Lautabteilung an der Preußischen Staatsbibliothek gegründet. Initiator und erster Direktor war der Gymnasiallehrer und Sprachwissenschaftler Wilhelm Doegen.

Sioux-Indianer bei einer Gesangsaufnahme in der Lautabteilung der Preußischen Staatsbibliothek, 1924

Den Grundstock des Archivs bildete zunächst eine Sammlung grammophonischer Aufnahmen, die während des Ersten Weltkrieges unter Federführung der Königlich Preußischen Phonographischen Kommission und unter maßgeblicher Beteiligung Wilhelm Doegens in deutschen Kriegsgefangenenlagern entstanden war und die Sprach- und Musikaufnahmen in rund 250 Sprachen umfasste.

Des Weiteren wurde eine seit 1917 gemeinsam von Wilhelm Doegen und dem Chemiker Prof. Dr. Ludwig Darmstaedter an der Preußischen Staatsbibliothek aufgebaute Sammlung von Stimmportraits berühmter Persönlichkeiten des frühen 20. Jahrhunderts in den Bestand übernommen.

Ab 1922 begann die Lautabteilung mit einer eigenständigen Sammeltätigkeit, deren vorrangiges Ziel in einer umfassenden Dokumentation deutscher Mundarten bestand. Aber auch Aufnahmen fremder Sprachen und Dialekte wurden weiterhin angefertigt, sofern sich die Möglichkeit dazu bot. Vereinzelt wurden auch gezielte Aufnahmeexpeditionen ins europäische Ausland unternommen, so etwa nach Lettland, Irland und in die Schweiz.

1934 wurde die Lautabteilung als Institut für Lautforschung an die Berliner Universität überführt. Die Leitung übernahm der Afrikanist und Phonetiker Diedrich Westermann, der das Institut in eine wissenschaftliche Lehr- und Forschungseinrichtung für Phonetik umwandelte. Fortan unterteilte sich das Institut in eine linguistische Abteilung, eine Musikabteilung und ein phonetisches Laboratorium. Die wissenschaftlichen Sprachaufnahmen und die Stimmaufnahmen berühmter Persönlichkeiten wurden fortgeführt. Als zusätzliche Aufgaben kamen die Erteilung phonetischen Unterrichts und die Herstellung von Sprachplatten für den Deutschunterricht hinzu. Während des Zweiten Weltkriegs wurden wieder Sprach- und Musikaufnahmen in deutschen Kriegsgefangenenlagern durchgeführt, allerdings nicht mehr in dem selben Umfang, wie im Ersten Weltkrieg.

Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete das Institut unter wechselnden Bezeichnungen weiter, bis es 1969 seine Eigenständigkeit einbüßte und als Abteilung Phonetik/Sprechwissenschaft in der Sektion Rehabilitationspädagogik und Kommunikationswissenschaft der Humboldt-Universität aufging.

Heute gehört das Lautarchiv zum Institut für Musikwissenschaft und Medienwissenschaft der Humboldt- Universität. 1997 wurde es in das Projekt zur Erschließung der universitätseigenen Sammlungen aufgenommen. Im Jahr 1999 begann die systematische Erschließung des Bestandes und die Digitalisierung der historischen Aufnahmen.