Public Drawing, 27.
Februar – 1. März 2018, 14 bis 18 Uhr
Werkstattgespräch,
2. März 2018, 15 bis 18 Uhr
Der Illustrator Jan
Stöwe wird sein Projekt A Pacifist Workshop live vor Publikum
erweitern. Die großformatige Installation verwebt bekannte Motive
und Protagonist_innen zu einem großen Tableau europäischer
Kulturgeschichte. Ausgangspunkt ist die Replik des Throns von König
Minos aus Knossos, die 1913 als Geschenk der griechischen Regierung
an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag kam. Jan Stöwes
Illustrationen spüren politische Winkelzüge und mythologische sowie
kulturelle Einfüsse dieser Phase der Geschichte auf und setzen sie
in Kontext zu modernen Verwertungsmechanismen.Die Geschichte des
Throns von Minos offenbart die politische »Agency« archäologischer
Objekte in der Moderne. Diese Replik steht symbolisch für das
Spannungsfeld zwischen nationalen militärischen Interessen und der
aufkommenden Friedensbewegung eines sich formierenden Europas.
Eine Kopie des
Throns von Minos steht im Friedenspalast in Den Haag, seit 1945 Sitz
des Internationalen Gerichtshofs. Sie wurde 1913 von der griechischen
Regierung an die Carnegie Stiftung übergeben, als Teil der Geschenke
der Nationen für den Friedenspalast – »in Erinnerung an König
Minos als gerechten Richter«, wie es bis heute heißt. Minos wurde
dem Mythos zufolge nach dem Ende seines Lebens als Herrscher von
Kreta zum Richter der Unterwelt und zum Begründer der
Naturrechtstheorie. Die Verbindung dieser mythologischen Erzählung
mit der Gründungsphase des Internationalen Schiedsgerichtshofs
schafft eine Brücke zwischen dem antiken Rechtsverständnis und der
Moderne.
Die Schenkung betonte aber auch die historische und
kulturelle Identität von Griechenland und Kreta. Kreta wurde erst
1913 durch den Vertrag von London mit Griechenland vereinigt. Indem
der Mythos von Minos am Friedenspalast installiert wurde, festigte
Griechenland – kulturelle Wiege Europas – seine politische
Teilhabe. Die Thron-Replik von Kreta könnte als Erinnerung an die
vermeintlich matriarchale und friedliche Gesellschaft der minoischen
Hochkultur als Symbol einer friedlichen Vergangenheit gegolten haben.
Das interdisziplinär
arbeitende Kuratorenteam der
Ausstellung Repliken Wissen. Eine
Archäologie vervielfältigter Vergangenheit (Felix Sattler, Dr.
Anna Simandiraki-Grimshaw, Konrad Angermüller) hat die Geschichte
der Thronkopie erforscht. Jan Stöwe hat diese Erkenntnisse um seine
eigenen Recherchen erweitert, um sie in der Rauminstallation
A
Pacifist Workshop zu illustrieren. In verschiedenen Techniken und
Materialien verwebt er bekannte Motive und Protagonist_innen zu einem
großen Tableau europäischer Kulturgeschichte. Bekannte Motive aus
der Kretischen Bronzezeit wie der Minotaurus, Ikarus oder die
Schlangengöttin treffen auf politische Akteure wie Bertha von
Suttner oder Eleftherios Venizelos, auf Wissenschaftler wie Arthur
Evans und auf Touristen von heute.
Vom 27. Februar bis
1. März wird Jan Stöwe seine Installation in einem jeweils von 14
bis 18 Uhr öffentlich zugänglichen Zeichenlabor um neue Elemente
erweitern und dabei interessierten Besucher_innen Auskunft über
seine Arbeit geben. Am 2. März, von 15 bis 18 Uhr, findet zwischen
Jan Stöwe und dem Kurator Felix Sattler ein öffentliches Gespräch
über die Perspektiven künstlerischer Forschung im Museum statt.