©:  International System of Typographic Picture Education (1935)
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©: International System of Typographic Picture Education (1935)
Projekt (abgeschlossen)
Formprozess & Modellierung

Piktogramme

Forschungsthema

Das Projekt erforscht die Geschichte der Piktografie und der Möglichkeiten visueller Informations- und Kommunikationsgestaltung. Systematisch werden historische und aktuelle piktografische Systeme und kreative Erweiterungen der piktografischen Verständigungsmöglichkeiten erschlossen.

Die Praktiken piktografischer Kommunikation sind mutmaßlich alt. Die ersten Spuren der Verwendung abstrakter Zeichen finden sich bereits auf den Höhlenwänden des Paläolithikums. Als Systeme zur Erleichterung des Handels und der trans-kulturellen Kommunikation wurden die Piktogramme aber wohl erst in der Moderne entworfen und propagiert, wie etwa das »International System of Typographic Picture Education« (Isotype) von Otto Neurath und Gerd Arntz in den 1920er Jahren oder die Entwicklungsversuche einer internationalen Zeichen- und Symbolsprache von Charles und Claire Bliss. Das Projekt erforscht die Geschichte der Piktografie und der Möglichkeiten visueller Informations- und Kommunikationsgestaltung und erschließt systematisch historische und aktuelle piktografische Systeme und kreative Erweiterungen der piktografischen Verständigungsmöglichkeiten.

Zielsetzung

Die Leitfrage des Projektes gilt dem Wechselspiel zwischen universalsprachlicher Verständlichkeit (ein Anspruch, der häufig an Piktogramme gestellt wird) und der Funktion kultureller Identitätsstiftung. Ziel ist, visuelle Zeichensysteme und Piktografie im Verbund von Kulturwissenschaft, Philosophie, Informatik, Interfacedesign und Ästhetik in ihrer Entwicklung, Evidenz und Universalität zu analysieren und ihre Bedeutung als Medien kultureller Identität zu überprüfen. In Zusammenarbeit mit der Stiftung Bauhaus Dessau und dem Deutschen Hygiene-Museum Dresden sollen neue, computergestützte Strategien der Vermittlung komplexer Informationen und Wissensinhalte erarbeitet und experimentell erprobt werden.

Durchführung

Die Frage nach der universalsprachlichen Tauglichkeit und Optimierbarkeit visueller Systeme zur Informations- und Wissensvermittlung, die bereits die Pioniere der historischen Piktografie beschäftigte, soll als zentrales Thema des Projekts auch und gerade am Beispiel einer Ausstellung zur Geschichte der Migration (Hygiene Museum) erforscht und experimentell erprobt werden. Unter Bezug auf diesen Schwerpunkt, der an Neuraths Konzeption von Alphabetisierungskampagnen anschließt, soll auch das historische Wechselspiel zwischen philosophischer Anthropologie und Bildstatistik, zum Beispiel hinsichtlich der Visualisierung von Kategorien der »vertikalen Migration« (Natalität, Sterblichkeit), genauer erforscht werden (Macho). Folgende Teilaspekte sind zu entwickeln: Als theoretisches Problem stellt sich einerseits die Unterscheidung zwischen visuellen und sprachlichen Argumenten, andererseits die Weiterentwicklung der Vorstellungen von Arntz/Neurath oder Bliss unter aktuellen Bedingungen der Informatik angesichts neuer Elemente wie Animationen oder Hyperlinkstrukturen (Coy).

Die Frage nach den Differenzen zwischen Text und Bild stellt sich auch für die Geschichte der Typografie. Druckschriften und Schriftbilder werden in ihrem eigentümlichen Oszillieren zwischen Zeichen und Bild in ihrer Funktion als Medien kultureller Identität untersucht (Kassung). Ausgehend von der These, dass Markierungen und Urheberzeichen in der europäischen Kulturgeschichte seit der Antike essentiell zur Geschichte der Warenökonomie gehören, besteht die methodische Herausforderung darin, ökonomische Theorien zur Geschichte der Werbung mit modernen Zeichentheorien zu verschränken und ein performatives Verständnis von Markierungen zu entwickeln (Därmann).

In historischer Perspektive stellt sich zudem die Frage nach den medialen Innovationen großer Reformbewegungen (vom Buchdruck bis zum Internet in den jüngsten Demokratiebewegungen) und den Anfängen einer systematischen Beschäftigung mit modernem Kommunikationsdesign in den Werkstätten des Bauhauses. Die gestalterischen Möglichkeiten der Wissensermittlung und –vermittlung werden in einer Ausstellung präsentiert, die in Kooperation mit »Gestaltern in Residence« der Stiftung Bauhaus und in Kooperation mit dem Hygiene-Museum vorbereitet wird.

Ergebnissicherung

Neben den üblichen Formaten (Konferenzen, Workshops, Monografien und Sammelbände) sollen die gewonnenen Erkenntnisse in Ausstellungen zur Geschichte und Zukunft piktografischer Systeme in Dresden und Dessau präsentiert werden.