Ludwig Jäger promovierte 1975 an der Universität Düsseldorf in Sprachwissenschaft zu dem Thema »Zu einer historischen Rekonstruktion der authentischen Sprach-Idee F. de Saussures« und habilitierte sich 1978 in Germanistischer Sprachwissenschaft. Seit 1982 hat er an der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen den Lehrstuhl für Deutsche Philologie inne. Die kritische Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte des Faches Germanistik – insbesondere der »Fall« Hans Ernst Schneider/Hans Schwerte – bildet neben Zeichentheorie (de Saussure) und Medientheorie einen von Ludwig Jägers Forschungsschwerpunkten.
Seit 2002 ist Ludwig Jäger Geschäftsführender Direktor des 1999 gegründeten Forschungskollegs »Medien und kulturelle Kommunikation«. In diesem Kolleg erforschen Wissenschaftler_innen der Hochschulen RWTH Aachen, Bochum, Bonn und Köln interdisziplinär Fragen und Phänomene der modernen Evolution der Medien aus einer kulturwissenschaftlichen Perspektive. In seinem Vortrag beschäftigt sich Jäger mit dem Verhältnis von Sprache und Bild am Beispiel der Gebärdensprache.
Viele kulturkritische Stimmen diagnostizieren vor dem Hintergrund
dominanter werdender visueller Medienkulturen das Heraufziehen eines
neuen ikonischen Zeitalters, einen ›Sieg des Bildes über die Schrift‹ und eine ›anthropologische Ungewißheit‹ (Baudrillard) des
post-typographischen Menschen. Muß angesichts dieser medialen
Herausforderungen tatsächlich eine visuell-mediale Überforderung des
‚veralteten Säugetiers Mensch' befürchtet werden, wie sie etwa
Leroi-Gourhan konstatiert hat? Gegen ein solches Postulat sind Einreden
angebracht. Tatsächlich sind Sprachlichkeit und Bildlichkeit enger, als
es lange den Anschein hatte, im anthropologischen Programm der »symbolic
species« Mensch (Deacon) miteinander verwoben. Der Blick auf die
gattungsgeschichtliche Rolle der Gebärdensprachen erlaubt es, vor dem
Hintergrund neuerer Forschungen zur Evolution der menschlichen
Sprachfähigkeit, das in die Philosophiegeschichte – nicht erst seit
Lessing – tief eingeschriebene Postulat eines Gegensatzes von Ikon und
Logos zu relativieren und die Audiovisualität des menschlichen
Sprachvermögens aufzuweisen. Im Kontext der sog. »Mirror System
Hypothesis of Language Evolution« (Arbib) lässt sich neue Evidenz für
die phylogenetische Vorgängigkeit der räumlich-visuellen
Gebärdensprachen vor den Lautsprachen und damit für einen piktoralen
Anfang des menschlichen Sprachvermögens gewinnen.
Ausgewählte Veröffentlichungen: