Heinrich von Geymüller (1839-1909) - Architekturforscher und Architekturzeichner
Eine Ausstellung der Universitätsbibliotheken Basel (5.9. bis 14.11.2009) und Graz (3.11.2009 bis 12.2.2010). Wissenschaftliche Leitung: Georg Germann (Bern) für Basel und Josef Ploder (Institut für Kunstgeschichte, KFU Graz) für Graz.
Beteiligt: Karsten Heck (Katalogbeitrag, unterstützende Kuratierung einer Sektion)
Heinrich von Geymüller war ein bedeutender Architekturhistoriker des 19. Jahrhunderts, der wichtige methodologische Beiträge zur Architekturgeschichtsforschung geleistet hat.
Geymüllers wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung liegt vor allem darin, dass er – nach einigen spektakulären Entdeckungen vor allem in der Graphiksammlung der Uffizien in Florenz – die Erforschung der italienischen Renaissancearchitektur auf eine neue Basis stellen konnte, indem er einerseits die Bedeutung von Architekturzeichnungen für die Baugeschichte erkannte und andererseits Methoden zur Erschließung dieser wichtigen Entwurfsdokumente erarbeitete.
Eine weitere Leistung Geymüllers bestand in seinem Bestreben, diese graphischen Dokumente der Bau- und Entwurfsgeschichte in möglichst guten Abbildungen (Faksimile) zu reproduzieren, was zur Folge hatte, dass die wichtigsten graphischen Dokumente etwa zur Bau- und Entwurfsgeschichte von St. Peter in Rom in ihren Reproduktionen durch Geymüller aus dem 19. Jahrhundert deutlich detail- und kontrastreicher sind, als die heute weitgehend verblassten Originale.
Die Ausstellung bezieht sich wesentlich auf einen bislang vernachlässigten Aspekt von Geymüllers architekturhistorischer Forschungstätigkeit, nämlich seine Versuche, die oft sehr kryptischen, widersprüchlichen und z. T. sehr schwer verständlichen Skizzen und Entwürfe für St. Peter in Rom (Bramante, Raffael, Peruzzi, Fra Giocondo, Giuliano und Antonio da Sangallo) zu „rekonstruieren“. In diesem sehr reichen Fundus an Rekonstruktionsversuchen offenbart sich ein leidenschaftlicher Künstler ganz im Geiste seiner Zeit und, fast nebenbei – das ist vor allem für die Ausstellung von großer Bedeutung – ein ganz hervorragender Zeichner.
Am Beispiel der "Graphischen Darstellung des Renaissance-Stils in Frankreich" erweist sich Geymüllers graphisch rekonstruierende Methodik der Architekturgeschichtsschreibung auch im systematisch-theoretischen Denken - über die räumliche Darstellung hinaus - geradezu als auf das Medium der Zeichnung angewiesen. Sein technizistisch und organisch zugleich anmutendes Diagramm der Stilentwickung ist ein singuläres Bilddokument stilkritischer Kunstgeschichtsschreibung des 19. Jahrhunderts.
Zur Ausstellung ist ein Katalog mit Beiträgen von Wissenschaftlern aus vier Nationen erschienen.
Zur Ausstellungsseite auf der Homepage der Universität Graz
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