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Sommersemester 2003

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Dr. Hans D. Barbier
Ludwig-Erhard-Stiftung e.V., Bonn
Eigenverantwortung und Solidarität
Warum die Soziale Marktwirtschaft dahin geriet, wo sie heute ist

24. April 2003, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6

Hans D. Barbier, geboren 1937 in Mönchengladbach, promovierte 1968 nach einem Studium der Nationalökonomie in Saarbrücken mit einer entscheidungstheoretischen Arbeit zur Ausbildungsökonomik. Eine wesentliche Prägung erhielt er durch seinen akademischen Lehrer Herbert Giersch und die Ideen Friedrich August von Hayeks. Von 1969 bis 1974 war Barbier in der Börsenredaktion der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) tätig, dann als Bonner Korrespondent der "Süddeutschen Zeitung". Vom Frühjahr 1986 bis letztes Jahr leitete er das wirtschaftspolitische Ressort der FAZ. Dort sowie in "Capital" erscheinen seine Kolumnen weiterhin.

Seine journalistischen Arbeiten sind mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet worden, so unter anderem mit der Bernhard-Harms-Medaille des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, dem Karl-Hermann-Flach-Preis und dem Ludwig-Erhard-Preis für Wirtschaftspublizistik. Zudem wurde Barbier als erstem der Publizistik-Preis der Friedrich-August-von-Hayek-Stiftung zuerkannt. Seit Januar letzten Jahres hat Barbier den Vorsitz der Ludwig-Erhard-Stiftung, Bonn, inne.

Nicht erst, seit er 2000 das äußerst erfolgreiche "Handbuch Wirtschaft" mit herausgab, lautet sein erklärtes Ziel, die komplizierten Verstrickungen der Wirtschaft möglichst zu entwirren und allgemein nachvollziehbar zu machen. Der Vortrag, den er im Rahmen der Helmholtz-Vorlesungen an der Humboldt Universität hält, folgt ebendieser Motivation:

Wer nicht richtig rechnet, betrügt sich oder andere. Das gilt auch für die Organisation des Sozialen in der Gesellschaft. Solidarität steht auf schwankendem Grund, wenn sie das Rechnen mit Knappheiten grob mißachtet. Die deutschen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitiker müssen wieder das Rechnen lernen. Das sollte die Richtschnur für die Reformen des Arbeitsmarktes und der sozialen Sicherungssysteme sein.

Ausgewählte Veröffentlichungen (neben zahlreichen Veröffentlichungen in verschiedenen Zeitungen und Magazinen):

  • Jürgen Jeske / Hans D. Barbier (Hrsg.): Handbuch Wirtschaft. So nutzt man den Wirtschafts- und Finanzteil einer Tageszeitung. Frankfurt am Main 2000.
  • Hans D. Barbier (Hrsg.): Die Moral des Marktes. Wiesbaden 1991.

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Prof. Dr. Dr. Gerhard Roth
Universität Bremen
Gibt es einen freien Willen? Die Perspektive der Hirnforschung
12. Juni 2003, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6

Gerhard Roth, 1942 in Marburg geboren, studierte zunächst in Münster und Rom Germanistik, Musikwissenschaft und Philosophie - worin er 1969 promovierte. Im Anschluss daran ging er nach Berkeley, um sich in einem zweiten Studium der Biologie zu widmen. Auch hier schloss er mit der Promotion im Fachgebiet Zoologie ab. Seit 1976 hat er die Professur für Verhaltensphysiologie und Entwicklungsneurobiologie an der Universität Bremen inne und ist Direktor des dortigen Instituts für Hirnforschung.

Unter seinen rund 180 Publikationen auf dem Feld der experimentellen und theoretischen Neurobiologie und der Neurophilosophie finden sich zahlreiche Schriften, die die öffentliche Diskussion angeregt haben: so die beiden, bei Suhrkamp erschienenen Bücher Das Gehirn und seine Wirklichkeit sowie Fühlen, Denken, Handeln - wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Dabei gilt Roths besonderes Interesse dem interdisziplinären Brückenschlag zwischen den Neurowissenschaften, der Psychologie und den Sozialwissenschaften.

Zwischen den Disziplinen steht auch das Thema seines Vortrags im Rahmen der Helmholtz-Vorlesungen: Die Frage nach der Freiheit des menschlichen Willens, die lange dem Philosophen vorbehalten war, stellt sich nun dem Hirnforscher - der meint sagen zu können: das ist pure Illusion. Ob sie also von freien Individuen geführt wird oder nicht; die anschließende Diskussion verspricht in jedem Fall spannend zu werden:

Wir haben bei unseren Handlungen in der Regel das Gefühl, dass wir als bewusstes, denkendes Ich diese Handlungen durch unseren Willen frei entscheiden und steuern, und dass wir auch anders handeln könnten, wenn wir nur wollten. Hieraus ergibt sich die Vorstellung von der Verantwortung für unser Tun, und wir akzeptieren, für dessen Folgen gegebenenfalls zur Rechenschaft gezogen zu werden. Erkenntnisse der Hirnforschung und der Persönlichkeits- und Handlungspsychologie glauben hingegen zeigen zu können, dass dies eine Illusion ist: das Gehirn entscheidet unbewusst; bewusste Planungen und Entscheidungen haben nur einen beratenden, aber nicht bestimmenden Charakter.

Im Vortrag werde ich prüfen, inwieweit diese Erkenntnisse empirisch zutreffen und philosophisch überzeugend sind, und fragen, was für unser Selbstverständnis und die Verantwortung für unser Tun folgt, wenn dies der Fall ist.

Ausgewählte Veröffentlichungen:

  • Gerhard Roth: Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt am Main 2001 (5. Aufl. 2002).
  • Gerhard Roth: "Bewusstsein - Gleichtakt im Neuronennetz." Gehirn & Geist / Spektrum der Wissenschaft 1, S. 38-46 (2002).
  • Gerhard Roth: "Hat die Seele in der Hirnforschung noch einen Platz?" Universitas 663, S. 905-920 (2001).
  • Gerhard Roth und Michael Pauen (Hg.): Neurowissenschaft und Philosophie. Eine Einführung. Paderborn/München 2001.

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Prof. Dr. Ahmed H. Zewail
Nobelpreisträger für Chemie, Linus-Pauling-Professor für Chemie und Professor für Physik am US-amerikanischen California Institute of Technology (CIT)
Society and Science in the 21st Century
3. Juli 2003, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6

Die Frage: "War das nun ein Tor oder war es keins?" erhitzt beim Fußball die Gemüter. Klärende Auskunft erteilt die Zeitlupe - wenn sie auch (noch) keinen Einfluss auf die Entscheidung des Schiedsrichters hat. In der Chemie ist man schneller bereit, die Regeln zu ändern.

1999 erhielt der gebürtige Ägypter Dr. Ahmed H. Zewail den Nobelpreis für Chemie aufgrund seiner revolutionären Erkenntnisse über den minutiösen Ablauf von chemischen Reaktionen. Und "minutiös" ist noch weit untertrieben, denn Zewails "Zeitlupe" (ein besonderer Laser) leistet schier Unvorstellbares: Um Michael Ballacks Manöver nachzuvollziehen, mögen 24 Bilder pro Sekunde genügen; um an einer so viel flinkeren chemischen Reaktion "dranzubleiben", bedarf es einer Zerlegung in "Femtosekunden" - von denen eine gerade mal 10-15 Sekunden dauert: d.h. 0.000000000000001 Sekunden. Eine Femtosekunde verhält sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zu 32 Millionen Jahren!

Die Erkenntnisse, die mithilfe der entsprechenden "Femtochemie" gewonnen werden, sind in jeder Hinsicht revolutionär. Sie gestatten den Blick auf eine chemische Realität abseits etwa von behelfsmäßigen Elektronen-Schalen-Modellen, wie man sie aus dem Chemie-Unterricht kennt. Es steht zu hoffen, dass dieselbe visionäre Kraft, die Zewail zu seiner bahnbrechenden Entdeckung befähigte, auch seinen Vortrag im Rahmen der Helmholtz-Vorlesungen beflügeln wird - zwar in andere, doch ebenfalls äußerst faszinierende Richtung:

For millenia, science and technology has been the springboard for major progress from antiquity to the present. In the 21st century, knowledge-based societies will greatly benefit from the new frontiers of pro-gress and prosperity. The opportunities are unlimited - from the science of the very small, very big, and very complex to the technology of matter, information, and genes. However, with this anticipated progress we should preserve the culture of science and involve the have-nots for a world of civilized humanity.

Ausgewählte Veröffentlichungen:

  • E. W.-G. Diau, J.L. Herek, Z. H. Kim, and A. H. Zewail, "Femtosecond Activation of Reactions and the Concept of Non-Ergodic Molecules". Science 279, S. 847ff. (1998).
  • A.H. Zewail, "The Birth of Molecules". Scientific American December 1990, S. 40-46.

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