Prof. Dr. Gerald H. Haug
ETH Zürich
Klima & Mensch. Die Sicht der Geowissenschaften
6. Mai 2010, 18.30 Uhr, WISTA Management GmbH, Rudower Chaussee 17, 12489 Berlin (Adlershof), Einstein-Newton-Kabinett
Ist der Klimawandel „menschgemacht“? Obwohl die Antwort auf diese Frage heute klar zu sein scheint, wird immer noch mit natürlichen Temperaturschwankungen gegen ein klares „Ja“ argumentiert. Wie aber sind solche Schwankungen zu erklären? Welche natürlichen und anthropogenen Faktoren sind dafür verantwortlich? Der Prozess des Globalen Wandels besteht aus einem eng verknüpften Netz verschiedener Einflüsse auf die Umwelt. In sei-nem Vortrag bringt Prof. Haug Licht in den Argumentationsdschungel um den Klimawandel und zeigt auf, welchen Einfluss der Mensch aus geowissen-schaftlicher Sicht auf den Klimawandel hat:
„Während der gesamten Erdgeschichte unterlag das Klima großen Schwankungen – lange bevor der Mensch massiv in diese Abläufe eingegriffen hat. So war es in der Kreidezeit und im frühen Känozoikum, bis vor etwa 55 Millionen Jahren, deutlich wärmer als heute, und die Pole waren eisfrei. Die Klimageschichte danach war vor allem durch ein Thema geprägt: die Erde kühlte ab. Vor 36 Millionen Jahren vereiste die Antarktis und seit 2.7 Millionen Jahren ist unser Planet auf beiden Polen eisbedeckt. Es ist eine zentrale Frage der klima-forschenden Geowissenschaften, inwieweit diese Prozesse durch den mensch-gemachten Klimawandel revidiert werden können und in welchen Zeiträumen das passiert. Das Klimasystem kann aber auf weitaus kürzeren Zeitskalen von Jahrhunderten bis Dekaden drastische regionale Änderungen durchmachen. Das Klima im Holozän, der jüngsten Warmzeit, zeichnet sich hingegen durch vergleichsweise kleine Schwankungen aus, was sicherlich eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung und das Wachstum unserer heutigen Zivilisation war.”
Prof. Gerald H. Haug promovierte 1995 in der Geologie an der Universität Kiel. Bevor er 1998 für zwei Jahre als Research Assistant Professor an die University of Southern California ging, arbeitete er als Postdoktorand bereits an der University of British Columbia in Kanada und an der Woods Hole
Oceanographic Institution in den USA. Er habilitierte 2002 an der ETH Zürich. Im Jahr 2003 wurde er als Sektionsleiter und Professor an das Geoforschungszentrum (GFZ) und die Universität in Potsdam berufen, und seit 2007 ist er als ordentlicher Professor wieder an der ETH Zürich tätig. Prof. Haug befasst sich mit der jüngeren Klimaentwicklung anhand von geologischen Spuren, wie sie in so genannten "Klimaarchiven", z.B. ungestörten Sedimentschichten des Meeresbodens, aufgezeichnet sind. Im Jahr 2001 wurde er mit dem Albert Maucher-Preis für Geowissenschaften und im Jahr 2007 mit dem Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft ausgezeichnet.
- Haug, G.H., et al., North Pacific seasonality and the glaciation of North America 2.7 million years ago. Nature, doi:10.1038, 1-5 (2005).
- Haug, G.H., et al., Climate and the Collapse of Maya Civilzation. Science 299, 1731-1735 (2003).
Prof. Dr. Sybille Ebert-Schifferer
Bibliotheca Hertziana - Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte, Rom
Caravaggio. Mythen und Klischees
10. Juni 2010, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6
Der Maler Caravaggio genießt eine erstaunliche Prominenz in unserer Zeit, die sich in ihm gewidmeten Ausstellungen, Texten, Filmen und anderen künstlerischen Inszenierungen spiegelt und zugleich verstärkt und verbreitet wird. Im Mittelpunkt des Interesses steht sein abenteuerliches Leben mindestens ebenso wie sein einflussreiches und zuweilen immer noch provozierendes Werk. Caravaggio fesselt als Maler wie als Liebhaber oder mutmaßlicher Mörder. Anlässlich seines 400. Todestages räumt die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Sybille Ebert-Schifferer auf mit dem Mythos Caravaggio und erläu-tert auf der Grundlage akribischer Forschung, was es wirklich auf sich hat mit den Legenden um diese spektakuläre Figur:
„Die Popularität des Malers Michelangelo Merisi da Caravaggio übertrifft längst, so wurde kürzlich statistisch festgestellt, auch in der Kunstwissen-schaft diejenige seines Namensvetters, des „Titanen“ Michelangelo Buonarroti. So sehr das an der unbestreitbar packenden Wirkung seiner Gemälde liegt, die auf den ersten Blick den Sehbedürfnissen und -gewohnheiten unserer Zeit entgegenkommen – richtig populär wurde er durch die Verbindung seiner Kunst mit seiner Biographie. Zwar ist diese Verbindung von Leben und Werk an sich schon ein historiographisches Muster, das die Kunstgeschichte als Wis-senschaft methodisch eigentlich überwunden hat, so bildete sie doch den Nährboden für eine über Jahrhunderte aufgebaute Kette von Klischees. Merisi der religiöse Skandalmaler, der gesellschaftliche Außenseiter, der gejagte Kriminelle, der Homosexuelle, all das macht ihn zur Projektionsfläche heute positiv konnotierter Künstlermythen. Was für einen Künstler finden wir, wenn alles vielleicht ganz anders war? Der Vortrag stellt an ausgewählten Fallbeispielen vor, was nach einer historisch kritischen Dekonstruktion zutage kommt.”
Prof. Sybille Ebert-Schifferer studierte Musikwissenschaft, Theaterwissen-schaft, Kunstgeschichte und Philosophie an der Universität München und der TU Berlin. Seit ihrer Promotion 1985 ist sie im Museums- und Ausstellungsbereich tätig. Nach der Position als Leiterin des Ausstellungswesens an der Schirn Kunsthalle in Frankfurt wurde sie Direktorin des Hessischen Landesmuseums in Darmstadt. 1998 ging sie als Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen nach Dresden. Seit 2001 ist sie Direktorin und Wissenschaftliches Mitglied an der Bibliotheca Hertziana – Max-Planck-Institut für Kunstgeschichte in Rom. Sie ist Mitglied in zahlreichen akademischen Institutionen, erste Vorsitzende des Verbandes deutscher Kunsthistoriker und Cavaliere ufficiale des Verdienstordens der Italienischen Republik. In ihrer Forschung beschäftigt sich Frau Ebert-Schifferer mit den italienischen Bildkünsten der Renaissance und des Barock mit Schwerpunkten auf der bolognesischen und römischen Malerei des späten 16. und der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Gegenwärtig konzentriert sie sich auf die Entstehung und Verbreitung des frühen caravaggesken Stillebens in Rom und eine grundsätzliche Neubewertung der Künstlerpersönlichkeit Caravaggios.
- Ebert-Schifferer, S. (2010) Caravaggio: Sehen - Staunen - Glauben. Der Maler und sein Werk, C.H.Beck Verlag, München/li>
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