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Wintersemester 2005/06

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Prof. Dr. Reinhard Genzel
Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching
Spuren des Unsichtbaren: Massive Schwarze Löcher
Donnerstag, 24. November 2005, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6

Reinhard Genzel ist seit 1986 Direktor des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching. Zu den Stationen seiner wissenschaftlichen Laufbahn zählen das Max-Planck-Institut für Radioastronomie (Bonn), das Harvard-Smithonian Center for Astrophysics und die University of Berkeley (Kalifornien), wo er von 1981 an als Professor auf dem Gebiet der Submillimeter-Astronomie tätig war. Genzel ist Mitglied zahlreicher Gesellschaften und Akademien und hat eine Reihe von wichtigen Preisen erhalten; im Jahr 2003 wurde ihm der bedeutende Balzan-Forschungspreis verliehen.

Im Jahr 2002 konnte Reinhard Genzel ein massives Schwarzes Loch im Zentrum unserer Galaxie nachweisen. Dies gelang ihm durch hochauflösende Messungen von Infrarotstrahlung, die im Gegensatz zu Licht galaktische Staubschichten durchdringen kann. Reinhard Genzel trug maßgeblich zur Entwicklung dieser Technik bei und optimierte deren Funktion mit Hilfe der adaptiven Optik – einer Korrekturtechnik, die gestochen scharfe Bilder aus dem All ermöglicht:

Seit der Entdeckung der Quasare vor etwa 40 Jahren haben sich die Indizien gehäuft, dass in den Zentren von Milchstraßensystemen massive Schwarze Löcher sitzen, die durch Akkretion von Gas und Sternen effizient Gravitationsenergie in Strahlung umwandeln. Durch hochauflösende Messungen im Infrarot- und Radiobereich ist es jetzt im Zentrum unserer eigenen Milchstraße gelungen, einen überzeugenden Beweis für diese Hypothese zu liefern. Hierbei haben neue Entwicklungen in der Infrarotinstrumentierung und der adaptiven Optik am neuen Großteleskop der ESO, dem VLT, eine wichtige Rolle gespielt. Gleichzeitig ist es klar geworden, dass die meisten Galaxien massive Schwarze Löcher beherbergen, und dass diese Schwarzen Löcher bereits etwa eine Milliarde Jahre nach dem Urknall entstanden sein müssen. Es werden diese neuen Messungen und ihre Konsequenzen für das Verständnis der Entstehung von Schwarzen Löchern im frühen Universum diskutiert.

Ausgewählte Veröffentlichungen:

  • Reinhard Genzel u.a., On the Nature of the Dark Mass in the Centre of the Milky Way, MNRAS 291 (1997), 219
  • Reinhard Genzel u.a., A Star in a 15.2-Year Orbit Around the Supermassive Black Hole at the Centre of the Milky Way, 2002, Nature 419, 694
  • Reinhard Genzel u.a., Das dunkle Herz unserer Milchstraße, Sterne und Weltraum 8 (2003), 36-42
  • Reinhard Genzel u.a, Near-IR Flares from Accreting Gas Near the Last Stable Orbit Around the Supermassive Black Hole in the Galactic Centre, Nature 425 (2003, Oct.), 934

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Prof. Dr. Ulrich Raulff
Direktor des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs in Marbach am Neckar
Ariadne und die grünen Kästen. Wie kommt die Literatur ins Archiv - und wer hilft ihr wieder heraus?
Donnerstag, 19. Januar 2006, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6

Ulrich Raulff ist seit November 2004 Direktor des Schiller-Nationalmuseums und des Deutschen Literaturarchivs in Marbach am Neckar. Als Herausgeber von Texten Aby Warburgs, Friedrich Gundolfs und Hans Delbrücks sowie als Übersetzer zahlreicher französischer Werke u. a. von Michel Foucault, Lucien Febvre und Jean Starobinski hat sich Raulff einen Namen in Publizistik und Wissenschaft gemacht. Beredtes Zeugnis davon legen der Anna-Krüger-Preis des Wissenschaftskollegs in Berlin für wissenschaftliche Prosa und der Hans-Reimer-Preis der Aby-Warburg-Stiftung in Hamburg ab, die ihm in den Jahren 1996 und 1997 verliehen wurden. Von 1997 bis 2001 leitete er das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Für seine neue Aufgabe im Literaturarchiv verließ Raulff das Feuilleton der Süddeutschen Zeitung, dessen leitender Redakteur er seit 2001 war.

Mit seinem Amtsantritt beim Marbacher Literaturarchiv vollzog sich ein symbolischer Generationenwechsel an einer der bedeutendsten deutschen Kultureinrichtungen. Erstmalig in der Geschichte des Hauses übernimmt mit Ulrich Raulff ein Vertreter der Nachkriegsgeneration die Leitung — ein Wechsel, der sich bereits in seiner – wie es in der Frankfurter Rundschau hieß – leichtfüßigen, bisweilen sogar romantisch-ironisch anmutenden Antrittsrede andeutete.

Theseus muss das Labyrinth betreten, obgleich er weiß, dass in ihm die Schrecken des Todes und der Verwirrung lauern. Umgekehrt muss die Literatur ins Archiv eintreten, will sie den Schrecken der Vernichtung und der Verstreuung entgehen, dem drohenden Verlust und der Unordnung. Die Literatur muss ins Archiv eingehen, will sie in ihrer spröden und fragilen Materialität erhalten bleiben. Aber sie verlässt sie - ob in edierter oder exponierter Form, publiziert als Buch oder als Ausstellung, ins Netz gestellt oder vor Zuhörern vorgetragen - in einem anderen Aggregatzustand, fast möchte man sagen: einer anderen Seinsform. Mag sein (sofern dies nicht nur eine reichlich rousseauistische Vorstellung ist), dass die Literatur das Archiv als wilder Kerl betritt. Aber wenn sie es verlässt, ist sie eine Kulturtatsache (und insofern legitimes Objekt einer Kulturwissenschaft).

Ausgewählte Veröffentlichungen:

  • Ein Historiker im 20. Jahrhundert: Marc Bloch, Frankfurt/M 1995
  • Der Unsichtbare Augenblick. Zeitkonzepte der Geschichte, Göttingen 1999
  • Wilde Energien. Vier Versuche zu Aby Warburg, Göttingen 2003
  • Zahlreiche Übersetzungen v.a. aus dem Französischen, u.a. Werke von Michel Foulcault, Lucien Febvre u. Jean Starobinski sowie Herausgeber von Texten Aby Warburgs, Friedrich Gudolfs u. Hans Delbrücks

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Prof. Dr. Markus Rothacher
GeoForschungsZentrum Potsdam
Das System Erde und seine moderne Erfassung
Donnerstag, 2. Februar 2006, 18.30 Uhr, Kinosaal, Unter den Linden 6

Markus Rothacher wurde 1957 in Thun (Schweiz) geboren und hat an der
Universität Bern Mathematik, Physik und Astronomie studiert. Dort
schloss er 1992 seine Dissertation und 1999 auch seine Habilitation im
Gebiet der Satellitengeodäsie ab. Von 1999 bis 2004 lehrte Rothacher als
Professor für Geodätische Raumverfahren an der TU München; 2005 wurde er
auf den Lehrstuhl für „Satellitengeodäsie und Erdforschung“ an die TU
Berlin berufen. Rothacher ist Mitglied zahlreicher Kommissionen und
Internationaler Arbeitsgruppen, u. a. des Exekutivkomitees des Global
Geodetic Observing System
- ein Projekt der Internationalen
Assoziation für Geodäsie - , dessen Vorsitz er seit 2005 innehat. 2003
wurde ihm der Descartes-Preis der Europäischen Union verliehen.

Vor einem Jahr wurde Markus Rothacher als Direktor des Departments
„Geodäsie und Fernerkundung“ an das GeoForschungsZentrum in Potsdam
berufen. Sein wissenschaftliches Interesse gilt einem globalen
Erdbeobachtungssystem sowie modernen Weltraumbeobachtungstechniken -
darunter das amerikanische satellitengestützte Global Positioning System
(GPS) und sein europäisches Pendant GALILEO (derzeit in Vorbereitung) -,
die es ermöglichen, das System Erde aus dem Weltraum umfassend zu
beobachten, Veränderungen in diesem System online zu erfassen und somit
neue Möglichkeiten zur frühzeitigen Warnung vor großen Naturkatastrophen
zu schaffen:

Unsere Hilflosigkeit in Anbetracht von Naturkatastrophen (z.B.
Tsunami-Erdbeben in Sumatra, Überflutung in New Orleans) führt uns
eindrücklich vor Augen, dass unser Wissen über das komplexe System Erde
sehr beschränkt ist. Tiefere Einsicht in die Prozesse und Interaktionen
zwischen den Komponenten dieses System zu erlangen, ist daher eine der
dringlichsten Herausforderungen für unsere Gesellschaft. Um
Veränderungen im System Erde zu erfassen, brauchen wir ein globales
Erdbeobachtungssystem.

Dieser Vortrag wird darstellen, was heute geodätische Satellitenmethoden
und -missionen - insbesondere das Global Positioning System (GPS) und in
Zukunft GALILEO - zum Verständnis des Systems Erde beitragen können,
indem sie die Gestalt und Deformation der Erde mit mm-Genauigkeit
vermessen, die Rotation der Erde und ihre Schwankungen überwachen und
das Schwerefeld der Erde und seine zeitlichen Änderungen mit einer noch
nie erreichten zeitlichen und räumlichen Auflösung bestimmen.

Ausgewählte Veröffentlichungen:

  • Rothacher, M., Beutler, G., Herring, T. A., Weber, R., Estimation of Nutation Using the Global Positioning System, Journal of Geophysical Research, 1999, 104, B3, pp. 4835-4859
  • Rothacher, M., Beutler, G., Weber, R., Hefty, J., High frequency variations in earth rotation from Global Positioning System Data, Journal of Geophysical Research, American Geophysical Union, 2001, 106, B7, pp. 13711-13738
  • Schmid, R., Rothacher, M., Taller, D., Steigenberger, P., Absolute phase center corrections of satellite and receiver antennas, GPS Solutions, 2005, 9, pp. 283-293

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