Das Büttnerlied  (13. Jh.)
 
Es reiste einst ein Faßbinder
weit in fremde Lande,
der war so liebestoll,
daß, wo er Frauen fand,
er gern da band.
 
Was seine Kunst denn sei,
wollt sich ein Wirt erkunden.
‚’s ist die Faßbinderei;
wer mir’s erlaubt,
dem binde ich sein Faß.‘
 
Herbei trug er die Reifen,
und seinen Treibelhammer.
Mit seinem Herumziehen
konnte er sich gut erhalten,
ein gutes Werkzeug mit sich führen.
 
Eben diesen Treibelhammer,
den nahm sie in die Hand
auf seiner graden Seite.
Sie sprach: ‚Heiland,
Gott hat Euch hergesandt!‘
 
Als sie gebunden hatten
dem Wirte da sein Faß,
seitlich und auch unten,
sprach sie: ‚Ihr seid nicht faul.
So ward mir noch nie gebunden!‘
 
Gottfried von Neifen
(bezeugt von 1234–1255)
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Ein Landsknecht durch die Lande streift,
dabei nach jedem Rock er greift
 
Fässer waren im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit mit obszöner Doppeldeutigkeit belegt. Diese betraf – nicht selten mit Bezug auf Wein – den Sexualbereich bis zur Prostitution. Während Abbildung und Überraschungseffekt nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig lassen, ist der Text reich an schlüpfrigen Anspielungen.
Interessant dabei ist, dass die Ehefrau ihr Verhalten rechtfertigt, indem sie selbstbewusst auf ihre Bedürfnisse verweist. Die Frau, die ihren wesentlich älteren Ehemann mit einem jüngeren Liebhaber betrügt, gehört zu den gängigen Motiven der Frühen Neuzeit.
 
 
Der Wirt. Heut wird werden, um 1610,
Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel,
Originalformat: 17,7 cm x 22,9 cm
 
 
Büttner, Fassbinder
Der Büttner, auch Fassbinder genannt, stellte Weinfässer, Gärbottiche
und Badezuber her. Das Fassbinden wurde bis in die Frühe Neuzeit mit
dem sexuellen Akt in Verbindung gebracht als Symbol für die Verführung und Befriedigung einer Frau.
 
 
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