Bedenke, dass du sterben musst
Seuchen, Kriege und Hungersnöte ließen den Tod zum allgegenwärtigen Begleiter der Menschen werden. Seine unübersehbare Anwesenheit schürte Ängste ebenso wie religiöse Hoffnungen und befeuerte das künstlerische Nachdenken über Vergänglichkeit und Sterben.
Zwar triumphierte der Tod hier wie dort, doch dienten gerade drastische Darstellungen der Bewältigung des Unabwendbaren. Die ungeschönte Auseinandersetzung mit dem Tod nahm ihm zugleich den Schrecken. Sinnsprüche und Bibelzitate mahnten zur Geringschätzung und Verachtung aller irdischen Güter.
Trost spendete die christliche Heilslehre mit der Aussicht auf ein ewiges Leben im Reich Gottes. Der Mensch hatte demnach nicht den Tod zu fürchten, sondern das Jüngste Gericht und eine mögliche Verdammnis. Das Erinnern an den Tod diente deshalb immer auch als Aufruf zur Buße und gottgefälliger Lebensführung.
Es ist alles eitel (1643)
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo jetzt Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden;
Was jetzt prächtig blüht, soll bald zertreten werden;
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.
Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach, was ist alles dies, was wir für köstlich achten,
Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum’, die man nicht wiederfind‘t!
Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten.
Andreas Gryphius (1616–1664)
Mit Hand und Fuß
Der Großteil der Flugblätter im 16. und 17. Jahrhundert widmete sich religiösen Themen. Andachtsblätter leisteten einen wichtigen Beitrag zur alltäglichen Gottesschau und Glaubensstärkung. Sie fanden vielfach Verwendung im häuslichen Umfeld.
Inhalte, die der Betrachter an der eigenen Hand oder dem Fuß nachvollziehen konnte, versetzten ihn in eine andächtige Haltung. Nicht nur den Kopf heben, senken oder auf die Knie gehen, auch die Hand sollte man vor Augen halten, so wie es das Blatt vormacht. Hand und Fuß galten als prominente Körperteile, die Gottes Präsenz und Schaffenskraft anzeigten.
In der Hand fallen Zeigen, Zählen und Erzählen zusammen. Mit ihr kann man sprechen, rechnen, anhand ihrer Form sich etwas merken oder aus ihr lesen. Andachtsblätter nutzten diesen Gebrauch der Hand als Gedächtnishilfe zur Einübung religiöser Inhalte.